RICHTIG SO! ODER?

3. Februar 2020


Genau. Richtig so! Den Faulen endlich mal den Geldhahn zudrehen. Die sollen gefälligst jede Arbeit annehmen, die sie kriegen können. Kann doch nicht sein, dass wir uns alle zu Tode hackeln während die in der Hängematte liegen.....


...wirklich richtig so? Sind Arbeitslose faul? Sind Sozialhilfebezieher jene, die keine Jobs annehmen? Sind Aufstocker einfach nur zu bequem und wollen lieber Geld vom Staat, als auf Saison gehen?


...wirklich richtig so? Haben wir wirklich zu beurteilen, ob Menschen, die Unterstützung brauchen, faul sind? Kennen wir diese Menschen? Ihre Schicksale? Ihre Vergangenheit? Wissen wir, ob sie überhaupt noch die Kraft haben, einen normalen Arbeitsalltag zu bewältigen? Sind wir in der Lage zu unterscheiden, wer nicht will und wer nicht kann?


Sind wir nicht. Niemand von uns. Außer die Betroffenen selbst. Jahrelange Demütigungen, allzu oft eine schwere Kindheit, Beschämung, Mobbing, soziale Isolation, geringes Selbstwertgefühl, Depressionen....nur ein paar der Beispiele, mit denen viele der Armutsbetroffenen zu kämpfen haben.


Warum gehen sie dann nicht einfach zur*m Ärztin/Arzt? Lässt sich doch heutzutage behandeln. Weil ein Teil der Beschämung auch im Gesundheitssektor geschieht. ÄrztInnen, die Betroffene nicht ernst nehmen. Weil sie sich ja nur der Arbeit entziehen wollen. Therapien, die nicht leistbar sind (selbst, wenn es Rückerstattung gibt, aber es scheitert einfach am Vorfinanzieren). Fragen über Fragen, die zu beantworten sind und für die sich die Betroffenen schämen. Sie haben keine Kraft mehr - wie kann das sein, Sie haben doch seit Jahren nichts gearbeitet! Nur wenige haben darauf eine passende Antwort parat. Die meisten schweigen und werden in Zukunft solche Arztbesuche vermeiden.

Warum aber gehen sie denn nicht auf Saison. Besser als gar nichts. Die paar Monate weg von daheim, von der Katze oder vom Hund, von den Eltern, die man sonst ein paarmal pro Woche besucht um für sie einkaufen zu gehen. Was ist das schon. Nichts. Das kann man schon alles aufgeben, dafür hat man zumindest fünf Monate einen Job in einem Umfeld, in dem man absolut niemanden kennt, oder? Als Mensch, der bisher eher zurückgezogen gelebt hat, weil das Geld fehlt, um sich mit anderen im Café zu treffen, sollte man sich doch freuen über diese Abwechslung, oder etwa nicht?


Warum wir niemals auf Menschen, die Unterstützung benötigen, hinunterblicken sollen? Weil wir nie vergessen dürfen, dass ein einzelner Schicksalschlag jede*n von uns genau dorthin bringen kann. An die Stelle der Betroffenen. Der Bittsteller.


Wir haben uns kein Urteil zu bilden. Wir können hinterfragen, wir können versuchen, zu verstehen und zu helfen, unterstützen. Aber niemals urteilen.

Wir haben das Glück, eine (oder mehrere) Arbeitsstelle(n) zu haben. Noch. Niemand kann uns eine Garantie geben. Und genau deswegen wäre es so wichtig, uns nicht gegeneinander ausspielen zu lassen sondern gemeinsam für eine Zukunft einzustehen, in der wir in jedem Menschen das sehen, was sie/er ist: ein Individuum, das nicht für die strukturellen Probleme der Gesellschaft verantwortlich ist.

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