EIN TEUFELSKREIS

4. Oktober 2019


Armut -> Bittsteller sein -> Beschämung -> Krankheit, Isolation -> Armut! Ein höllischer Teufelskreis. Aber wie durchbrechen?


Wir können nicht jede beschämende Situation vermeiden oder ignorieren. Auch können wir nicht erwarten, dass in naher Zukunft alle verstehen werden, was Beschämung ist und was es für uns bedeutet. Aber wir müssen endlich damit beginnen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Denn absolut niemand profitiert davon. Weder die Betroffenen noch jene, die mit ihren Steuern das Sozialsystem am Laufen halten. Und je stärker Menschen beschämt werden, weil sie - aus welchen Gründen auch immer - Hilfe benötigen und sich wegen der Scham mehr und mehr zurückziehen, isolieren und krank werden (denn die Mischung aus Existenzangst, Dauerstress - weil Rechnungen offen sind, weil man nicht weiß, wie die nächsten Zahlungen zu stemmen sind, plus den Selbstvorwürfen und der Scham machen irgendwann jeden Menschen krank), je geringer sind die Chancen, dass sie jemals wieder in ein normales Arbeitsverhältnis zurück kehren können. Einzig jene, die für ihre eigene Situation Schuldige suchen, die nicht fähig zur Reflektion sind und jene, deren Politik aus Neid, Missgunst und Spaltung besteht, sind die Profiteure von diesem System des nach unten tretens. 

Was muss also geschehen? Meiner Meinung nach sehr viel Aufklärung. Armutsbetroffene suchen fast ausnahmslos die Schuld bei sich selbst (alle anderen schaffen es ja auch, bin eine absolute Versagerin,...). Auch bei Ungerechtigkeiten ziehen sie eher leise ab, als sich zu wehren (was hab ich schon zu sagen, als Bittsteller darf ich doch keine Forderungen stellen,...). Es muss ins Bewusstsein der Betroffenen, dass jede*r in die Lage kommen kann, Hilfe zu benötigen. Nur wenige entwickeln eine Resilienz , d.h. sich schneller erholen, weniger tief fallen, wo sich die Situation anderer verschlimmert; es heißt auch, Haltung und Denkansätze neu zu konfigurieren, Resilienz ist nicht die bloße Bewältigung oder Anpassung, sondern eine Selbsthilfe, um die eigenen Fähigkeiten und Ressourcen entdecken zu können und sie zu nutzen.  Armutsbetroffenen die Möglichkeit geben, ihre Talente und Fähigkeiten zu finden, sich selbst wieder mehr zu zutrauen, das wäre ein großer Schritt. Die Frage ist nur: wie?  Der Großteil kämpft jedoch nicht nur gegen die Armut sondern auch gegen die eigenen Selbstvorwürfe, gegen die Angst, ins Bodenlose zu fallen und lebt mit dem Gefühl, chancenlos zu sein. Tag für Tag. Ein Kampf gegen die Existenzängste einerseits und dem eigenen Selbstbildnis andererseits. 

Uns Betroffenen muss klar werden, dass wir - "nur weil arm" - nicht weniger wert sind, dass wir die gleichen Rechte haben und uns niemals wie Menschen 2. Klasse behandeln lassen dürfen! Dass wir genauso Wertschätzung und Anerkennung brauchen wie die "Leistungsträger". Denn wenn Wertschätzung nur noch im Zusammenhang mit Geld verdienen steht, dann läuft in unserer Gesellschaft gewaltig was schief. 



2019,  (Un-)Sichtbar
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